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Ausgewählte Artikel - 2009
Neues Deutschland - 7. März 2009

Njinga

Frauen-Geschichte(n)

Der etwa sechs Meter hohe Denkmalsockel auf dem Largo de Kinaxixi, dem zentralen Platz der angolanischen Hauptstadt Luanda, hat in seiner wechselvollen Geschichte schon sehr verschiedene Objekte getragen. Zuerst war es ein Standbild der Heiligen Maria von der Quelle, der Schutzpatronin Luandas zur Zeit der portugiesischen Fremdherrschaft. Unmittelbar nach der Unabhängigkeit Angolas im November 1975 wurde die Figur mit rosafarbener Plastefolie verhüllt, wie es der Aktionskünstler Christo nicht kunstvoller hätte tun können. Dann wurde die vormalige Heilige durch einen ausgedienten Schützenpanzer sowjetischer Bauart ersetzt, der das Bild des Platzes mehr als zwei Jahrzehnte prägte. Nun steht auf dem Denkmalsockel eine Figur der Königin Njinga, der einstigen Herrscherin über das Ndongo-Reich, die seit dem frühen 17. Jahrhundert als Symbol des Kampfes um Unabhängigkeit und afrikanische Identität gilt.

Tatsächlich war Ana de Sousa Njinga Mbande, die von 1582 bis 1663 lebte, vor allem eine machtbewußte Monarchin, die stets ihre eigenen Interessen im Auge hatte. Dabei setzte sie sich bedenkenlos über die Sitten und Traditionen ihres Volkes hinweg, und sie war stets bereit, den Erfordernissen entsprechend ihre Bündnispartner zu wechseln. Ihr Weg begann 1621, als der König, ihr Bruder, ihr die Friedensverhandlungen mit den Portugiesen übertrug, die von Luanda aus in das Landesinnere vorzudringen versuchten. Nach dem Tod ihres Bruders übernahm sie - obwohl dazu nicht legitimiert - die Herrschaft. Zwangsläufig stützte sie sich dabei auf Kräfte außerhalb ihres Volkes. Als die Wirren des Dreißigjährigen Krieges in Europa auch in Afrika Wirkung zeigten, verbündete sie sich mit den Holländern, die die Portugiesen für knapp zehn Jahre aus Angola vertrieben. Sie dankte es, in dem sie Sklaven lieferte - jeden Monat mehr als tausend Menschen.

Königin Njinga war keine afrikanische Freiheitskämpferin, doch es gelang ihr durch eine flexible Politik für viele Jahrzehnte eine begrenzte Autonomie ihres Königreiches gegen die europäischen Invasoren zu bewahren.

Letzte Änderung: 2. Oktober 2011