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Dokumentation

Verhör von Gerhart Eisler am 6. Februar 1947 vor dem Komitee für Unamerikanisches Verhalten in Washington

Aus: Thirty Years of Treason. Excerpts from Hearings before the House Committee on Un-American Activities, 1938-1968, New York 1971, S. 57 ff.

Das Komitee traf sich um 10.00 Uhr vormittags. Den Vorsitz hatte der Ehrenwerte J. Parnell Thomas (Vorsitzender). Alle Mitglieder waren anwesend: Karl. E. Mundt, South Dakota; John McDowell, Pennsylvania; Richard M. Nixon, Kalifornien; Richard B. Vail, Illinois; John S. Wood, Georgia; John E. Rankin, Mississippi; J. Hardin Petersen, Florida; Herbert C. Bonner, North Carolina. Anwesend auch die Mitglieder des Stabes: Robert E. Stripling, Chefermittler; Louis J. Russell, Ermittler.

Stripling: Herr Gerhart Eisler, gehen Sie in den Zeugenstand.

Eisler: Ich gehe nicht in den Zeugenstand.

Stripling: Haben Sie einen Berater dabei?

Eisler: Ja.

Stripling: Ich schlage vor, daß dem Zeugen gestattet wird, einen Berater dabei zu haben.

Vorsitzender: Herr Eisler, wollen Sie Ihre rechte Hand heben?

Eisler: Nein, bevor ich einen Eid leiste ...

Stripling: Herr Vorsitzender ...

Eisler: Ich habe jetzt das Wort.

Stripling: Ich denke, Herr Vorsitzender, Sie sollten zunächst einige Vorbemerkungen machen, bevor Herr Eisler eine Erklärung abgibt.

Vorsitzender: Setzen Sie sich, Herr Eisler. Herr Eisler, Sie sind hier vor dem Komitee für Unamerikanisches Verhalten auf der Grundlage einer Vorladung vom 25. Januar 1947, mit der Sie verpflichtet wurden, an diesem Morgen hier zu erscheinen. Die Vollmacht des Komitees leitet sich aus dem Öffentlichen Gesetz 601 (1) her, das es ermächtigt zu untersuchen: 1. Das Ausmaß, den Charakter und die Ziele der unamerikanischen Propaganda in den Vereinigten Staaten; 2. die Verbreitung subversiver und unamerikanischer Propaganda innerhalb der Vereinigten Staaten, die von ausländischen Mächten herrührt oder die ihren Ursprung hier im Lande hat und die die Prinzipien unserer Regierungsform angreift, wie sie durch unsere Verfassung garantiert werden; und 3. alle anderen Fragen, die sich daraus ableiten. Das Komitee betrachtet die Kommunistische Partei der Vereinigten Staaten als eine subversive Organisation, und die Untersuchung des Denkens und des Handelns jeder einzelnen Person, die mit der Kommunistischen Partei der Vereinigten Staaten in Beziehung steht, liegt in der Vollmacht dieses Komitees. Es hat umfangreiche Beweisvorträge vor dem Sonderkomitee für Unamerikanisches Verhalten und vor diesem Komitee, seinem Nachfolger, gegeben, die Ihr Handeln mit der Kommunistischen Partei in Verbindung bringen. Die Fragen, die Ihnen heute morgen gestellt werden, haben das Ziel, diese Fakten zu überprüfen, und deshalb sind Sie aufgefordert, unmittelbar und umfassend zu antworten. Es ist nicht die Vorgehensweise dieses Komitees, dem Zeugen zu gestatten, Erklärungen abzugeben. Nach dem Sie hier Ihre Zeugenaussage gemacht haben, wird Ihnen das Komitee gestatten, falls Sie eine Erklärung abgeben wollen, diese zu Protokoll zu geben. Jetzt, Herr Eisler, werden Sie vereidigt werden. Heben Sie Ihre rechte Hand.

Eisler: Nein.

Vorsitzender: Herr Eisler, ich möchte Sie zunächst daran erinnern, daß Sie Gast dieser Nation sind.

Eisler: Ich werde nicht wie ein Gast behandelt.

Vorsitzender: Dieses Komitee ...

Eisler: Ich bin ein politischer Gefangener in den Vereinigten Staaten.

Vorsitzender: Einen Augenblick. Würden Sie sich bitte vereidigen lassen.

Eisler: Sie werden mich nicht vereidigen, bevor ich nicht einige Bemerkungen gemacht habe.

Vorsitzender: Nein, Sie werden keine Bemerkungen machen.

Eisler: Dann wird es auch keine Anhörung mit mir geben.

Vorsitzender: Sie weigern sich, sich vereidigen zu lassen? Sie weigern sich tatsächlich, sich vereidigen zu lassen, Herr Eisler?

Eisler: Ich bin bereit, alle Ihre Fragen zu beantworten.

Vorsitzender: Herr Stripling, rufen Sie den nächsten Zeugen. Das Komitee muß sich verständigen: Wir haben versucht, einen Zeugen zu hören, Herrn Gerhart Eisler. Herr Eisler hat sich geweigert, sich vereidigen zu lassen.

Eisler: Ich habe mich nicht geweigert, mich vereidigen zu lassen.

Vorsitzender: Was ist die Auffassung des Komitees?

Stripling: Herr Vorsitzender, ich denke, daß der Zeuge entweder still sein oder jetzt seine Zeugenaussage machen sollte. Oder er sollte aus dem Raum gebracht werden, das eine oder das andere, bis diese Angelegenheit entschieden ist.

Mundt: Herr Vorsitzender, ich schlage vor, daß Sie ihn noch einmal fragen, ob er sich weiterhin weigert, sich einschwören zu lassen.

Rankin: Nicht einschwören, sondern vereidigen.

Vorsitzender: Herr Eisler, weigern Sie sich weiterhin, sich vereidigen zu lassen?

Eisler: Ich habe mich niemals geweigert, mich vereidigen zu lassen. Ich kam hierher als ein politischer Gefangener. Ich möchte lediglich einige Bemerkungen machen, nur drei Minuten, bevor ich vereidigt werde und Ihre Fragen beantworte. Ich möchte lediglich eine Erklärung abgeben, ganze drei Minuten.

Vorsitzender: Ich sagte Ihnen, daß ich gestatten würde, daß Sie Ihre Erklärung abgeben, sobald das Komitee seine Fragen gestellt hat. Sobald das Komitee seine Fragen gestellt hat und soweit Ihre Bemerkungen in Zusammenhang mit den Untersuchungen stehen, kann das Komitee dem zustimmen. Aber zunächst müssen Sie vereidigt werden.

Eisler: Da sind Sie im Irrtum. Ich muß gar nichts. Ein politischer Gefangener muß überhaupt nichts tun.

Vorsitzender: Sie weigern sich, sich vereidigen zu lassen?

Eisler: Ich weigere mich nicht, mich vereidigen zu lassen. Ich möchte nur drei Minuten. Drei Minuten, um eine Erklärung abzugeben.

Vorsitzender: Ihnen werden diese drei Minuten gewährt werden, wenn Sie vereidigt sind.

Eisler: Ich möchte sprechen, bevor ich vereidigt werde.

Mundt: Herr Vorsitzender, ich stelle den Antrag, daß der Zeuge wegen Mißachtung belangt wird.

Rankin: Ich schließe mich an.

Vorsitzender: Eine Diskussion? Zustimmung zum Antrag bitte, in dem Sie "Ja" sagen. Antrag beschlossen. Der Zeuge wird wegen Mißachtung belangt werden.

Stripling: Herr Vorsitzender, bevor der Zeuge entlassen wird, möchte ich wissen, in wessen Gewahrsam er steht.

Vorsitzender: Wer brachte den Zeugen hierher?

Stripling: Diese beiden Herren. Wollen Sie uns Ihre Namen nennen?

Grennman: Stephen Grennman.

Stripling: Und was ist Ihre Dienstellung?

Grennman: Sicherheitsoffizier, Justizministerium, Einwanderungsbehörde.

Stripling: Und Ihr Name?

Brosman: R. J. Brosman.

Stripling: Dienststellung?

Brosman: Sicherheitsoffizier, Justizministerium, Einwanderungsbehörde.

Stripling: Und Sie haben Gerhart Eisler hierher gebracht?

Grennman: Ja.

Stripling: Und jetzt befindet er sich in Ihrem Gewahrsam?

Grennmann: Ja.

Stripling: Können Sie dem Komitee sagen, wo Sie ihn hinbringen werden?

Grennman: Ins Bezirksgefängnis von Washington.

Stripling: Und wissen Sie, wohin er vom Bezirksgefängnis gebracht werden wird?

Grennman: Zurück nach Ellis Island, denke ich.

Anmerkung:

(1) Im Original: Public Law 601.

Letzte Änderung: 2. Oktober 2011