neues deutschland - 6. Oktober 2018

Rosas Anwalt

Vor fünfundsiebzig Jahren starb der Jurist und Linkssozialist Kurt Rosenfeld im US-amerikanischen Exil

Wenn Rosa Luxemburg von »Kurtchen« sprach, wusste jeder in ihrer Umgebung, wen sie meinte: Kurt Rosenfeld, ihren langjährigen politischen Freund und juristischen Beistand. Seit 1906 hatte er sie in zahlreichen Verfahren vertreten, so auch 1914 nach ihrer Friedensrede in Frankfurt am Main und bei ihrem Auftreten gegen die Soldatenmisshandlungen im kaiserlichen Heer.

In den Tagen der Novemberrevolution 1918 war Rosenfeld kurzzeitig preußischer Justizminister. Von 1920 bis 1932 war er Mitglied des Deutschen Reichstags, zunächst mit dem Mandat der USPD, dann der SPD. Er engagierte sich nachdrücklich für eine umfassende Strafrechtsreform. Wiederholt geißelte er vor dem höchsten deutschen Parlament den zunehmenden Antisemitismus in der Gesellschaft.

In den Jahren der Weimarer Republik war Rosenfeld Anwalt von Max Hoelz, Arkadi Maslow, Carl von Ossietzky und vielen anderen, zumeist unbekannten Opfer der politischen Justiz.

Als Linker innerhalb der SPD geriet Rosenfeld ab Ende der 1920er Jahre in einen unauflösbaren Konflikt mit der Parteiführung. Wenige Tage nach seinem Parteiausschluss gründete Rosenfeld im Oktober 1932 die kurzlebige Sozialistische Arbeiterpartei (SAP), die er zwischen KPD und SPD verortete und zum Sammelbecken aller linkssozialistischen Kräfte in Deutschland machen wollte. Doch das Projekt scheiterte. Rosenfeld forderte daraufhin die Selbstauflösung der SAP und empfahl seinen Anhängern den Eintritt in die KPD, blieb in der Folge aber selbst parteilos.

Nach der Machtübergabe an Hitler musste Rosenfeld aus Deutschland fliehen. Er ging zunächst nach Paris, wo er eine zentrale Rolle bei der Vorbereitung des Londoner Gegenprozesses zum Leipziger Reichstagsbrandprozess spielte. Mit Sandor Rado gründete er noch 1933 die Nachrichtenagentur »Inpress«, die fast vier Jahre lang Informationen über die Hitlerdiktatur und den antifaschistischen Widerstandskampf lieferte. Mitte 1934 reiste er mit Willi Münzenberg durch die USA und Kanada, wo er über die Lage in Deutschland informierte und zur Solidarität mit dem Kampf gegen Hitler aufrief. Ende 1934 siedelte er in die USA über. Dort konnte er seine anwaltliche Tätigkeit fortsetzen. Vor allem jedoch widmete er sich der Schaffung einer breiten deutschen Volksfront gegen Hitler. Auf seine Initiative hin wurde das »Deutsche Volksecho« gegründet und Stefan Heym als dessen »Macher« verpflichtet. Aus dem New Yorker Exil unterstützte Rosenfeld das Wirken des »Lutetia«-Kreises um Heinrich Mann in Paris und gehörte im November 1936 zu den Unterzeichnern des »Aufrufs an das deutsche Volk«. Gemeinsam mit Gerhart Eisler war er ab Mai 1942 Herausgeber der Exilzeitschrift »The German American«, und er war Mitbegründer und Präsident der German American Emergency Conference, die im Sommer 1942 durch den Zusammenschluss mehrerer kleinerer Exilorganisationen entstand.

Kurt Rosenfeld starb am 25. September 1943 in New York, erst 66 Jahre alt. Seine letzte Ruhestätte fand er 1951 auf dem Friedhof der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde.

Autor: Ronald Friedmann
Ausgedruckt am: 18. April 2024
Quelle: www.ronald-friedmann.de/ausgewaehlte-artikel/2018/rosas-anwalt/