Ein durchweg enttäuschendes Buch

Annotation zu Eberhard Czichon und Heinz Marohn: Thälmann. Ein Report, Verlag Wiljo Heinen, Berlin 2010, 2 Bände, 1066 S.

Nach mehrjähriger Arbeit haben Eberhard Czichon und Heinz Marohn ihre mehrfach angekündigte Biographie Ernst Thälmanns vorgelegt, die sie selbst als "Report" bezeichnen. Neue Erkenntnisse zum Leben und zum Wirken Thälmanns, insbesondere als Vorsitzender der KPD und Spitzenfunktionär der Kommunistischen Internationale, haben Czichon und Marohn allerdings nicht vorzuweisen. Sie verteidigen und reproduzieren vielmehr ein verklärtes Thälmann-Bild aus DDR-Zeiten und schreiben damit die (realsozialistische) Thälmann-Legende fort. Sie bleiben in allen wesentlichen Fragen hinter dem aktuellen Forschungsstand zurück, wie er in den letzten zwanzig Jahren - nach Öffnung der Archive in Berlin und Moskau - möglich wurde. Czichon und Marohn weisen ausnahmslos alle Forschungsergebnisse zurück, die nicht ihrer eigenen engen Sichtweise entsprechen. Sie verzichten dabei auf jegliche Form der inhaltlichen Auseinandersetzung, sondern beschränken sich darauf, die Autoren ihnen nicht genehmer Veröffentlichungen zu beschimpfen. Czichon und Marohn bezeichnen diese Vorgehensweise als "Verteidigung der historischen Wahrheit". Der Umgang von Czichon und Marohn mit Persönlichkeiten der kommunistischen Bewegung, die zumindest zeitweise in Opposition zu Thälmann standen - namentlich seien Clara Zetkin, Ernst Meyer und Arthur Ewert genannt - entspricht in keiner Weise der von den Autoren selbst formulierten Vorgehensweise: Thälmann, so heißt es bei Czichon und Marohn, sei "ohne seine Kritiker … und sie ohne Thälmann nicht zu verstehen" (alles S. 12). Dennoch beschränken sich Czichon und Marohn auf pauschale, zum Teil bösartige Urteile, die von den konkreten historischen Umständen und den persönlichen, zumeist ehrenwerten Motiven der Akteure völlig losgelöst sind. Ein durchweg enttäuschendes Buch.

* JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung