www.ronald-friedmann.de
Ausgewählte Artikel - 2009
LinksBlick (Jüterbog) - Januar 2009

Vor 90 Jahren: Mord in Berlin

Historischer Rückblick

Im Januar 1919 ging der von der SPD getragene Rat der Volksbeauftragten, die damalige provisorische Reichsregierung, gemeinsam mit kaisertreuen Freikorps in ganz Deutschland mit brutaler Gewalt gegen all jene politischen Kräfte vor, die sich nicht mit dem Sturz der Monarchie und der Ausrufung einer bürgerlichen Republik zufrieden geben wollten, sondern die Errichtung einer Räterepublik in Deutschland anstrebten: Höhepunkt war die blutige Niederschlagung des sogenannten Januar- oder auch Spartakusaufstands in Berlin, bei der tausende Arbeiter ermordet wurden. Damit war die Novemberrevolution faktisch beendet.

Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht war es zunächst gelungen, sich vor den rechten Mordkommandos in Sicherheit zu bringen, die auf alle führenden Kommunisten Jagd machten. Doch im Verlaufe des 15. Januar 1919 wurden sie in ihrem Versteck in Berlin-Wilmersdorf von Angehörigen einer sogenannten Bürgerwehr aufgespürt und an Angehörige der Garde-Kavallerie-Schützen-Division, eines gerade erst aufgestellten Freikorps, übergeben. In den frühen Abendstunden wurden sie in das Hotel Eden verschleppt, das dem Freikorps als Stützpunkt diente. Wilhelm Pieck, der ebenfalls verhaftet und in das Hotel Eden gebracht wurde, durch einen Trick aber freikam, berichtete später davon, daß Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht brutal verhört und gefoltert wurden. Und er berichtete von zahlreichen Telefongesprächen mit Regierungsvertretern, die aus seiner Sicht klare Indizien für ein Mordkomplott waren. Zu dessen maßgeblichen Hintermännern gehörte nach heute gesicherten historischen Erkenntnissen auch der damalige sozialdemokratische Reichswehrminister Gustav Noske.

Rosa Luxemburg wurde vor dem Hotel Eden durch einen Kopfschuß ermordet. Nach dem Willen ihrer Mörder sollte es den Anschein haben, als sei sie von einer aufgebrachten Menschenmenge spontan getötet worden. Ihr toter Körper wurde in den Landwehrkanal geworfen, wo er erst Ende Mai 1919 gefunden wurde. Karl Liebknecht wurde mit einem Auto in den Tiergarten gebracht und dort hinterrücks - angeblich auf der Flucht - erschossen. Seine Leiche wurde einer Polizeistation als "unbekannter Toter" übergeben.

Wenige Stunden vor dem Doppelmord war die Rote Fahne, die Zeitung der KPD, mit einem letzten Artikel von Karl Liebknecht erschienen, der in gewisser Weise sein politisches Testament wurde: Doch "ob wir dann noch leben werden, wenn das Ziel erreicht wird - leben wird unser Programm."

Letzte Änderung: 2. Oktober 2011