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Ausgewählte Artikel - 2008
Die Linke. Aktuell (Jüterbog) - Oktober 2008

90 Jahre Novemberrevolution

Historischer Rückblick

Im letzten Jahr des Ersten Weltkriegs entwickelte sich in Deutschland eine revolutionäre Krise. Die wachsende Unzufriedenheit der arbeitenden Massen fand zunächst in  zahlreichen Streiks und Demonstrationen mit einer schnell steigenden Zahl von Teilnehmern ihren Ausdruck. Der Aufstand der Kieler Matrosen am 3. November 1918 dann, eine unmittelbare Reaktion auf die Weigerung der politischen und militärischen Führung Deutschlands, die Niederlage im Krieg anzuerkennen, markierte den Beginn der revolutionären Erhebung, die innerhalb von wenigen Stunden und Tagen ganz Deutschland erfaßte: Dynastien dankten ab, Arbeiter- und Soldatenräte übernahmen überall im Land die Macht. Am 9. November 1918 kam es auch in der deutschen Hauptstadt zum bewaffneten Aufstand. Vom Balkon des Berliner Schlosses aus proklamierte Karl Liebknecht schließlich die "freie sozialistische Republik Deutschland", Philipp Scheidemann vom Reichstag aus die "freie deutsche Republik".

Damit allerdings war bereits zu diesem frühen Zeitpunkt eine gegensätzliche Antwort auf die Grundfrage der Revolution gegeben - sollte in Deutschland eine wirkliche Volksmacht in Gestalt einer Räterepublik geschaffen werden, oder ging es darum, die alten Macht- und Herrschaftsverhältnisse nunmehr in Gestalt einer bürgerlich-parlamentarischen Republik zu bewahren?

Führende sozialdemokratische Politiker, die bereits vier Jahre zuvor mit ihrer Zustimmung zum Krieg die ursprünglichen Prinzipien ihrer Partei verraten hatten, schlugen sich auch in dieser chancenreichen Situation der begonnenen Revolution auf die Seite von Kapital und Militär und trugen somit wesentlich dazu bei, daß die Ergebnisse der Revolution über bürgerlich-demokratische Errungenschaften - so wichtig diese auch waren - letztlich nicht hinausgingen. Bereits im Januar 1919 wurde eine Nationalversammlung gewählt, die schließlich die Weimarer Verfassung beschloß: Die republikanische Staatsform und wichtige demokratische Rechte wurden festgeschrieben. Doch letztlich bestätigte diese Verfassung nur, was in den Tagen der Novemberrevolution zum geflügelten Wort geworden war: "Der Kaiser ging, die Generale blieben."

Zu den wesentlichen Ergebnissen der Novemberrevolution gehörte allerdings auch die Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands zum Jahreswechsel 1918/1919. Der brutale Mord an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, Ausdruck des weißen Terrors in Deutschland, verhinderte jedoch, daß die junge Partei nachhaltig Einfluß auf Verlauf und Ergebnisse der Novemberrevolution nehmen konnte, die so eine (weitere) unvollendete Revolution in Deutschland blieb.

Letzte Änderung: 12. Januar 2018